top of page

Die Stille vor dem Wort

Die meisten von uns kennen dieses Gefühl. Das Herzklopfen, die feuchten Hände vor einem Gespräch, das wir fürchten. Ein klärendes Wort mit einem Mitarbeiter, eine Konfrontation mit einem Vorgesetzten, eine schwierige Verhandlung.


Es werden Argumente vorbereitet, wir antizipieren Gegenangriffe, wir entwerfen eine Taktik, um das Gespräch zu "gewinnen". Wir betreten das Feld mental bereits als Kämpfer.

Und genau deshalb scheitern so viele dieser Gespräche, bevor das erste Wort gesprochen ist.


Die wahre Kunst des schwierigen Gesprächs liegt nicht in der Rhetorik. Sie liegt in der Haltung, mit der wir den Raum betreten.


Ein Gespräch ist entweder ein Kampf-Ring oder ein Raum der Klärung. Ein Kämpfer will gewinnen und den anderen besiegen. Ein Gastgeber will verstehen und gemeinsam eine Wahrheit finden. Die Entscheidung, was wir sind, treffen wir lange vor dem Gespräch in unserem Inneren.


Der Schlüssel ist die Arbeit am eigenen Fundament. Ein Mensch, der seine Souveränität nicht von der Zustimmung des anderen abhängig macht, muss nicht mehr um sein Recht kämpfen. Ein Mensch, der in sich selbst ruht, kann dem anderen zuhören, ohne schon seine eigene Antwort zu planen. Er kann eine Pause in der Konversation aushalten, weil er die Stille nicht fürchtet.


Wenn Sie ein schwieriges Gespräch als ein Gastgeber für Klarheit betreten, verändert sich alles. Sie bringen kein Schwert mit, sondern einen Kompass – ein unerschütterliches Gespür für das, was richtig und würdevoll ist. Ihr Ziel ist nicht mehr der Sieg, sondern die Wiederherstellung von Ordnung und Stabilität.


Dann verliert das schwierige Gespräch seinen Schrecken. Es wird von einer gefürchteten Last zu einem notwendigen, fast heilsamen Akt der Verantwortung.

 
 
 

Kommentare


bottom of page